Frisch gebackene Familien nutzen gerne die Elternzeit für längere Reisen ins Ausland. Dabei geht es oftmals nach Lateinamerika, Asien oder Afrika, und damit in Länder mit anderen Ernährungsgewohnheiten und Hygienestandards. Dr. med. Barbara Hefele verrät euch, worauf ihr achten solltet.
Reisen ins außereuropäische Ausland mit Baby sollten gut vorbereitet sein
So einige Stempel hat unser 2,5 Jahre alter Miguel bereits in seinem Reisepass. Dreimal durfte er allein schon nach Peru, in seine zweite Heimat, reisen. Und jede Reise war von Neuem ein Abenteuer, das viel Vorbereitungszeit und Recherchearbeit in Anspruch nahm. Denn, reist man alleine, lässt man vieles auf sich zukommen. Doch sobald ein Baby oder Kleinkind mit an Board ist, wird man vorsichtig und plant man anders.
Wie Miguel wohl mit der Höhenluft in Perus Bergen bekommen würde? Welche Gefahren das Essen auf dem Markt in sich bergen könnte? Und vor allem, was tun, wenn sich eine der vielen Befürchtungen bewahrheitet und Miguel plötzlich mit Unwohlsein oder einer bösen Magenverstimmung zu kämpfen hat?
Wir wollten von Dr. med. Barbara Hefele, reiseerprobte Kinderärztin und Mutter, wissen, was es bei Auslandsreisen mit Baby und Kleinkind zu beachten gilt. Und wir freuen uns sehr, dass sich die zweifache Mutter, neben Familie und Praxisarbeit, für uns Zeit genommen hat. Hätten wir Barbara doch nur schon früher kennengelernt…
Liebe Barbara, wie du weißt, schlägt unser Herz für Peru. Die mitunter schönsten Reisedestinationen in Peru, und dazu zählt Machu Picchu, befinden sich im Hochgebirge, auf über 3000 m Höhe. Viele Touristen kämpfen in diesen Höhen mit Schwindel und Übelkeit. Es heißt, dass Babys während der ersten beiden Lebensjahre die dünne Höhenluft besser bekommt, als Erwachsenen. Ist das richtig? Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen würdest du eine solche Reise befürworten?
Es ist genau anders herum. Babys und Kleinkinder können sich schlechter als ihre Eltern an die veränderten Bedingungen in der Höhe anpassen. Das heißt, dass es in großer Höhe aufgrund der geringeren Verfügbarkeit von Sauerstoff bei den Kindern schneller zu Problemen kommen kann. Laut Expertenmeinungen liegt die Grenze, wie hoch Kleinkinder problemlos reisen können, bei Höhen zwischen 1500 und 2000 m. Wenn ihr mit eurem Kind in sehr hohe Gegenden reisen wollt, empfehle ich eine höhenmedizinische Beratung. Auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Berg- und Expeditionsmedizin findet ihr eine Liste von Ärzten, die eine höhenmedizinische Beratung anbieten: Informationen zur Berg- und Höhenmedizin.
Impfung, ja oder nein? Sehr umstritten bei jungen Eltern ist das Thema Impfung. Doch insbesondere bei Auslandsreisen mit Baby können die richtigen Impfungen wichtig sein. Welche Impfungen würdest du reiselustigen Familien ans Herz legen und warum?
Ich empfehle reiselustigen Eltern die bei uns empfohlenen Impfungen durchführen zu lassen. Die Impfungen sollten auch möglichst früh begonnen werden, damit zum Reisezeitpunkt dann auch ein Impfschutz vorhanden ist. Das ist wichtig, da einige der Erkrankungen, gegen die geimpft wird und die bei uns selten sind, in manchen Ländern deutlich häufiger vorkommen. Auf jeden Fall solltet ihr euch auch informieren, ob für euer Reiseland spezielle zusätzliche Impfungen empfohlen oder für die Einreise sogar vorgeschrieben sind. Wenn das der Fall sein sollte, empfehle ich euch eine reisemedizinische Beratung zu machen, da je nach Alter eures Kindes genau abgewogen werden muss, welche Impfung sinnvoll ist. Dasselbe gilt für eine eventuell nötige Malaria-Prophylaxe. Auf der Webseite der deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin findet ihr viele Informationen zu nötigen Impfungen. Unter diesem Link ist dort außerdem eine Suche nach Ärzten mit reisemedizinischer Qualifikation möglich: Ärzte aus der Reisemedizin.
Aus eigener Erfahrung wissen wir, wie schwierig es sein kann, im außereuropäischen Ausland eine halbwegs ausgeglichene, vollwertige Ernährung für Babys und kleine Kinder zu finden. Die Zutaten sind andere, die Zubereitung gleicht nicht der unseren und die Hygienestandards unterscheiden sich häufig von denen in unseren Breitengraden. Worauf ist beim Essen für kleine Reisegefährten zu achten und wobei sollte man besonders vorsichtig sein?
Erst einmal kann man sich an der Regel „cook it, peel it (yourself) or forget it“ orientieren. Wenn man sich daran streng hält, kann man das Risiko für durch Lebensmittel übertragene Krankheiten schon einmal stark reduzieren. Es ist ratsam, wenn man unterwegs ist, immer ein paar „sichere“ Lebensmittel dabei zu haben, damit man nicht auf einmal mit einem hungrigen Kind dasteht und das nehmen muss, was gerade verfügbar ist. Besonders vorsichtig sollte man mit dem Trinkwasser sein. Ganz wichtig ist, daran zu denken, dass man in den meisten Ländern nicht wie bei uns das Leitungswasser einfach trinken kann. Deshalb sollte man immer einen ausreichenden Vorrat sauberes Trinkwasser in versiegelten Flaschen dabei haben und auch verstecktes Leistungswasser, z.B. in Eiswürfeln, ganz vermeiden. Auch für das Zähneputzen sollte man nur sauberes Wasser benutzen. Eine gute Auflistung, was bei verschiedenen Lebensmitteln zu beachten ist bzw. welche Lebensmittel ganz zu vermeiden sind, findet ihr hier: Vermeidung von Reisekrankheiten.
Reisen mit Säugling oder Kleinkind: gibt es hier deiner Meinung nach Altersvorgaben, die beachtet werden sollten? Darf ein Neugeborenes mit 3 Monaten bereits einem Langstreckenflug sowie einem verlängerten Auslandsaufenthalt ausgesetzt werden?
Dafür gibt es keine festen Altersvorgaben. Es ist jedoch zu bedenken, dass eine weite Reise für sehr kleine Kinder belastend sein kann. Wenn spezielle Impfungen nötig sind, empfehle ich so lange zu warten, bis die entsprechenden Impfungen durchgeführt werden können. Die meisten Familien fühlen sich nach dem ersten Geburtstag des Kindes am wohlsten, eine große Reise zu starten. Insgesamt ist aber das Gefühl der Eltern entscheidend. Wenn die Eltern beide ein gutes Gefühl haben, die Reise möchten, sich je nach Reiseziel gut beraten haben lassen, dann ist es der richtige Zeitpunkt.
Ohren- oder Bauchschmerzen, Durchfall, Übelkeit, trotz aller Vorsichtsmaßnahmen lässt sich ein Arztbesuch im Ausland nicht immer vermeiden. Staatliche Krankenhäuser wecken oft wenig Vertrauen und private Kliniken müssen erst einmal ausfindig gemacht werden. Wer kann im Notfall eine kompetente Auskunft erteilen? Sollte man bereits in der Heimat Ärzte vor Ort ausfindig machen?
Ich empfehle in jedem Fall schon zu Hause entsprechende Ansprechpartner oder private Kliniken ausfindig zu machen. Vor Ort ist das meistens viel schwieriger. Beim Kinderarzt kann man sich im Vorfeld beraten lassen, welche Medikamente man ins Reisegepäck packen sollte. Hier sind z.B. Beutel zum Anmischen von Elektrolytlösungen für Durchfallkrankheiten zu empfehlen. Ansonsten empfehle ich noch sehr, sich um eine gute Auslandskrankenversicherung zu kümmern. Vor allem sollte man darauf achten, dass ein Rücktransport auch ohne dringende medizinische Notwendigkeit abgedeckt ist. Falls ein Kind nämlich länger in die Klinik müsste, kann es dann rasch mit dem Flugzeug in Begleitung eines deutschen Arztes nach Hause in eine Klinik verlegt werden.
Ich wünsche allen Familien eine schöne und vor allem gesunde Reise!
Dr. med. Barbara Hefele ist Mama von zwei kleinen Jungs und arbeitet als Kinderärztin in einer Praxis in Augsburg. Daneben ist sie auf ärztliche Hypnose bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen spezialisiert. Kontakt kannst du mit ihr aufnehmen über Mail: dr.barbara.hefele@web.de
Super Artikel. Vielen Dank! Wir wagen uns in der Elternzeit zwar *nur* für einige Monate mit dem neuen Sohn und dem Grossen Bruder nach Italien zu den Schwiegereltern, aber selbst das bedarf einiger Organisation 🙂 (zB Impfplan in Italien weiter folgen, Reisepass beantragen/aktualisieren, Kinderarzt suchen, Mückenschutz & Sonnenschutz bedenken, Krankenversicherung). Wie kompliziert muss dann erst eine Reise nach Peru sein!
Wie schön! Genießt die Zeit bei der Familie in Italien 🙂