Dieser Vers aus Indien spukt nun schon seit einigen Tagen in meinem Kopf herum. Wie kann Mutterliebe die Erziehung ersetzen? Was versteht man überhaupt unter Erziehung und welcher Erziehungsstil ist der „Richtige“?
Erziehung
Ich selbst bin keine Erzieherin und Pädagogik stellte keinen Schwerpunkt während meines Literaturstudiums dar. Daher soll an dieser Stelle nicht der Begriff „Erziehung“ definiert werden, zu gewagt wäre die willkürliche Auswahl einer der zahlreichen Definitionen aus fachfremder Perspektive.
Was jedoch vielen modernen Definitionen gemein ist, ist die Fokussierung auf die Bedürfnisse unserer Babys und Kinder. Soziale Interaktion sowie die Unterstützung bei der eigenen Persönlichkeitsentwicklung spielen hierbei eine wichtige Rolle.
Dass es sich dabei nicht um eine Selbstverständlichkeit handelt, die die Erziehung seit jeher ausmacht, soll ein kleiner Ausflug in das 20. Jahrhundert verdeutlichen.
Autoritäre Erziehung statt soziale Interaktion
Die deutsche Mutter und ihr Kind, das war der Erziehungsratgeber schlechthin – geschrieben von Johanna Haarer – für Eltern rund um den 2. Weltkrieg bis weit hinein in die 70er Jahre des 20. Jahrhundert. Rund 1,2 Millionen Exemplare wurden verkauft, im heimischen Ambiente verschlungen und als Leitfaden für die Erziehung von Babys und Kindern genutzt.
Die Haarersche Prämisse: Das Kind sei ein Tyrann, den es zu bändigen gelte – und zwar schon als Säugling! Das bedeutete: Schreien lassen, es nicht auf den Arm nehmen, überhaupt nicht zu viel Aufmerksamkeit und Nähe aufkommen lassen (Source: WDR).
Der Erziehungsratgeber des vergangenen Jahrhunderts hatte letztlich das Ziel, die jüngsten unter uns auf das „harte“ Leben vorzubereiten. Das Schreien und Weinen lassen zählte zu den Grundfesten des autoritären Erziehungsmodells, das den kindlichen Willen brechen und die elterliche Autorität stärken sollte.
Moderne Entwicklungspsychologie
Schenkt man den Erkenntnissen der modernen Entwicklungspsychologie Glauben, so führt eine autoritäre Erziehung nicht immer – wie bis dato angenommen – zu starken selbstständigen Persönlichkeiten, vielmehr wirke sie sich häufig negativ auf die eigene Entwicklung aus.
Bemühen sich Eltern um eine frühzeitige Loslösung und „Zähmung“ ihrer Babys durch Liebesentzug jeglicher Art, kann die kindliche Trennungsangst zu einem lebenslangen Begleiter werden.
Dass eine autoritäre Erziehung, wie Johanna Haarer sie propagiert, zudem Folgen für die emotionale Entwicklung eines jungen Menschen haben kann, versteht sich – so meine ich – von selbst. Fehlende Geborgenheit, kontinuierlicher Liebesentzug und der ständige Kampf mit dem Alleinsein können nicht förderlich für ein späteres Beziehungs- und Familienleben sein.
Baby zum Schlafen erziehen?
Ich habe mir einmal die Arbeit gemacht und Foren durchforstet, in denen Eltern sich über ihre Alltagssorgen und Erfahrungen im Umgang mit ihren Babys austauschen. Ein Thema auf das man immer wieder stößt ist Babys Schlaf bzw. fehlender Schlaf.
Babys Schlaf und Mamas Schlafmangel erscheint mir als sehr gutes Beispiel, das die kontroverse Diskussion um den „richtigen“ Erziehungsstil verdeutlicht.
Da gibt es Bücher wie Jedes Kind kann schlafen lernen, ein Klassiker für Eltern, die der Schlafproblematik ihres Babys mit der Methode des „kontrollierten Schreienlassens“ den Kampf ansagen. Bei vielen scheint diese Technik zu funktionieren, Baby scheint schlafen zu lernen. Das scheint betone ich hier bewusst, da ich bisher keine Mama persönlich kenne, bei der dies langfristig funktioniert hätte. Jedoch mag dies bei einigen Babys tatsächlich zu Erfolgserlebnissen führen.
Dann gibt es aber auch die Meinung all jener, die sich vehement gegen das „Schreienlassen“ ihres Babys sträuben, da es ihnen selbst zu nahe geht. Es ist die Mehrzahl, die mittlerweile auf Konfrontationskurs geht, wenn auch nur Spuren des „autoritären Erziehungsstils“ durchschimmern. Auch ich zähle mich zu dieser Gruppe, und dies obwohl ich selbst als Baby öfter schreiend einschlief, ohne dass sich dies negativ auf meine Persönlichkeitsentwicklung ausgewirkt zu haben scheint.
Welcher Ansatz nun der Richtige ist? Den richtigen Ansatz gibt es meines Erachtens nicht. Jede Mama, jeder Papa, jedes Baby ist anders. Daher gibt es kein Patentrezept, das die Pforte zum ersehnten Schlafvergnügen öffnet.
Ja und was hat es nun mit der Liebe und der Erziehung auf sich?
Nachdem ich mich selbst zu der Sorte Bücherwurm und Internetdurchforster zähle, kann ich nur sagen, dass man sich das stundenlange Recherchieren rund ums Baby manchmal besser sparen sollte.
Zu viele schlaflose Nächte – und diese ohne Babys Zutun – haben mir Forenbeiträge und Ähnliches bereits bereitet. Szenario 1: Baby hat Fieber, also könnte es dies oder jenes sein. Mama 1 rät sofort zur Notaufnahme zu fahren, Mama 2 ist entspannt und empfiehlt erst einmal gar nichts zu tun. Szenario 2: Baby schläft unruhig. Mama 1 empfiehlt Schlafrituale, Mama 2 rät, Baby Globulis zu verabreichen. Ähnliches begegnet einem zu jedem noch so Speziellen Bereich im Baby-Alltag.
Mittlerweile bin ich – hoffentlich – etwas schlauer geworden. Ich versuche mehr auf mich und vor allem mein Baby zu hören, ich achte genauer aus Signale und stehe schwierige Nächte geduldig durch, denn ich weiß ja, morgen kann die Welt schon wieder anders aussehen.
Und dasselbe Prinzip möchte ich versuchen, auf die „Erziehung“ unseres Babys anzuwenden. Auf Signale achten, beobachten, begleiten, Wege aufzeigen und damit die Orientierung unterstützen. Als Eltern wollen wir vorleben, kommunizieren und auf diesem Weg versuchen, Regeln an die Hand zu geben. Liebe, Achtung und Respekt sollen die Grundfesten unseres ganz persönlichen Erziehungsmodells sein. Ob wir unseren kleinen Mann damit letztlich zu sehr verwöhnen – wie manche schon jetzt behaupten – wird sich wohl erst in ein paar Jahren zeigen.
Was ist damit nur sagen möchte ist, dass jeder seinen ganz persönlichen Weg finden sollte, um sein Baby zu „erziehen“. Jede Familie ist für sich einzigartig, lässt sich mit keiner Familie auf unserem großen Planeten vergleichen und daher werden wir den optimalen Erziehungsratgeber nirgends finden. Viel wichtiger ist es doch, auf unser Herz und unser Bauchgefühl zu hören, dann werden wir unseren idealen Weg finden.