Unbeschreibliche Glücksmomente und unerklärliche Heultage … was frisch gebackene Mamas in ein Gefühlschaos stürzt, hat schon lange einen Namen erhalten: Baby Blues nennt man das Stimmungstief, das häufig wenige Tage nach der Entbindung auftritt und meist so schnell wieder verschwindet wie es gekommen ist.
Unbeschreiblich schöne Glücksmomente
So eine Geburt ist ein tolles Ereignis. So etwas Großartiges passiert ja schließlich nicht jeden Tag und ich als Doula bin so dankbar, dem Zauber beiwohnen zu dürfen. Meist strahlen die Frauen schon lange vorher in einer unglaublichen Schönheit und die Aura der Geburt hüllt sie in ganz besonders schöne Gestalten.
Der Zauber, die Freude dieses Großereignis geschafft zu haben, neues Leben hervorgebracht zu haben ist eben etwas ganz Besonderes. Die Flitterwochen mit dem Baby, das Wochenbett, sind eine sehr intensive Erfahrung. Oft stand oder saß ich damals an den Betten meiner eigenen Kinder und habe sie einfach nur selig angeblickt. Habe in ihre kleinen, meist schlafenden Gesichter geschaut und bin vor Glück fast vergangen.
Und dann kommen die Tränen
Der Anblick meiner neugeborenen Kinder berührte mich ganz besonders. Bis in die tiefsten Winkel meiner Seele. Und dann saß ich da und plötzlich schossen ganz unvermittelt dicke Krokodilstränen in meine Augen oder ich wurde einfach zu tiefst traurig. Und wenn ich nach meiner Geburt gefragt wurde, einfach nur ruhig am Frühstückstisch saß oder auf der Toilette war wurde mir kurz nach der Geburt immer wieder unerwartet „sentimental“ zu Mute.
Was ist da eigentlich los? Warum muss ich denn in so einem Moment heulen? Ich bin doch glücklich. Es geht mir doch gut. Ich verstand es erstmal nicht. Und egal wie sehr ich mich auch dagegen wehrte, die Tränen kamen doch.
Sie bahnten sich immer den Weg.
You´ve got the Baby Blues
Nach meiner ersten Geburt sagte mir die Hebamme, das sei der ganz normale Baby Blues. Klar habe ich schon vom Baby Blues gehört, aber das es mich so treffen würde? Hallo! Das hat mir keiner gesagt. Da sitze ich arglos auf einer Familienfeier und plötzlich bilden sich Sturzbäche in meinen Augen! Oh Gott, was war mir das peinlich …
Gut, also dann halt der Baby Blues. Schnell habe ich erkannt, dass sich gegen die plötzliche Traurigkeit und die Tränen zu wehren ziemlich sinnlos ist. Es kommt doch. Ich konnte die Gefühle nicht einfach ausschalten.
Ich war wie ein rohes Ei. Einfach roh und ungeschützt – das ist jede Frau nach einer Geburt. Wir verwandeln uns von taffen Superweibern zu Mimosen. Die Geburt verändert uns mit ihrer übermächtigen Kraft. Sie macht uns zu Müttern und damit läutet sie für uns ein neues Zeitalter an. Wir sind plötzlich nicht mehr autark und so sehr wir unsere Babys lieben, es ist schon ein Verlust – und der macht auch traurig. Autonomie ist uns wichtig und jetzt sind wir gebunden, müssen eine uns völlig neue Aufgabe übernehmen auf die uns vielleicht niemand so richtig vorbereitet hat …
Heute weiß ich auch, dass die hormonelle Umstellung von Schwangerschaft auf Muttersein innerhalb von 24-48 Stunden geschieht. Ein weiteres Wunder, das der Körper da bewirkt. Durch die hormonelle Umstellung kann erst die Milch anfangen sich zu bilden und zu fließen, die Rückbildung und viele andere Funktionen im Körper sich auf diesen neuen „Zustand Mama“ einstellen. Und Hormone machen uns einfach kirre. Wie schon in der Pubertät, beim Verlieben oder als PMS (lach) bringt uns jedes Ungleichgewicht auf dieser Ebene völlig aus der Balance.
Manchmal sind wir auch einfach traurig, weil die Geburt nicht so gelaufen ist, wie wir sie uns vorgestellt haben. Alles kam anders und wir fühlen uns vielleicht betrogen, oder einfach unfähig die einfachste Sache der Welt – die Geburt – alleine zu schaffen. Das ist oft sehr bitter und macht ein ganz doofes Gefühl. Nur oft sind die Umstände wie sie sind und ganz egal was, du kannst nichts dafür. Du hast nichts falsch gemacht!
Und dann ist da auch einfach diese Glückseligkeit. So lange haben wir auf das Baby gewartet, manchmal sogar viele Jahre und vielleicht noch mehr. Umso größer ist dann die Freude und auch da sind Tränen ja eigentlich ganz normal. Wenn Jogis Jungs die WM holen, dann heulen sie auch (und ich bin mir sicher, auch noch ein paar Tage danach). Einfach vor Rührung und eben dem Glück, das einem zu Teil wird.
Ja, es ist ein unglaublicher Cocktail an Erlebnissen, Gefühlen und Hormonen, der den Baby Blues leitet. Und jeder Baby Blues ist anders. Manche Frauen haben ihn ein paar wenige Tränen lang, andere haben richtige Heultage und sind an jenen völlig lahm gelegt von den Tränen, die sich ihre Bahn brechen.
Gerne kommt der „Tiefpunkt“ um die Zeit, wenn man aus der Klinik entlassen wird, was sicherlich auch dem Umstand geschuldet wird, dass wir dann plötzlich mehr denn je auf uns selbst gestellt sind. Jetzt musst du allein damit zu recht kommen, dein Baby zu versorgen, es zu stillen, zu lieben – rund um die Uhr. Das sorgt auch für Stress und Unsicherheit und kann den Blues noch verstärken.
Die gute Nachricht ist: Der Blues geht vorbei. Oft schon nach ein paar Tagen bist du firm mit deinem Baby, hast die ersten Zeichen erkannt und verstehst es jetzt gut. Dann hast du die Geburt (ansatzweise) verarbeitet, machst dir keine Selbstvorwürfe mehr und hast Frieden gemacht mit dir selbst. Der Milcheinschuss ist um und mit der Milch kannst du dein Baby füttern. Eine Sorge, die dir wie ein Stein vom Herzen fällt.
Dann sind meist auch die Tränen versiegt, ein Alltag (mit Hilfe) stellt sich ein und du genießt endlich die Flitterwochen.
Baby Blues oder Wochenbettdepression?
Sollte sich der Baby Blues nicht während der Wochenbettzeit erabschieden, ist es sehr wichtig sich Unterstützung zu holen. Spätestens beim Kontrolltermin nach 6 Wochen sollte alles vorbei sein, denn sonst könnte es eine Wochenbettdepression sein. Hier brauchst du Hilfe. Als Anlaufstellen bei anhaltender Traurigkeit sind Hebammen, Kinderärzte, Gynäkologen und Notfallambulanzen die richtigen Stellen. Es gibt keinen Grund sich dafür zu schämen, denn du kannst in diesem Fall nichts dafür. Rasche Hilfe ist jetzt das A und O, um dich und dein Baby richtig zu versorgen.
Deine Mika