Familienpolitik in unseren Nachbarländern. Wir wollen uns ansehen, wie Frankreich und Schweden junge Familien überstützen.

Elternzeit und Elterngeld in Frankreich

Frankreich zählt mit durchschnittlich zwei Kindern pro Frau zu den geburtenstärksten Ländern in Europa. Und dies obwohl über 80% aller Frauen zwischen 25 und 49 Jahren erwerbstätig sind. Der Staat unterstützt junge Eltern, indem er ein umfangreiches Betreuungsangebot zur Verfügung stellt und damit die Vereinbarkeit von Kind und Beruf fördert. Eine Entlastung für Frauen, die sich einen schnellen Wiedereinstieg in ihren Beruf wünschen, aber ein Herzschmerz für diejenigen Mütter, die sich aufgrund mangelnder finanzieller Unterstützung gezwungen sehen, ihren Anspruch auf Elternzeit nur bedingt wahrnehmen zu können.

Congé parental d’éducation („Erziehungszeit“) in Frankreich

Erziehungszeit können in Frankreich Mütter oder Väter beantragen. Anspruch darauf besteht immer dann, wenn der Antragssteller mindestens ein Jahr vor der Geburt in dem entsprechenden Unternehmen gearbeitet hat.

Zunächst wird für gewöhnlich ein Jahr Erziehungszeit beantragt. Diese kann jedoch um zwei weitere Jahre verlängert werden, sodass der Staat, wie auch in Deutschland, jeder Familie max. drei Jahre „Elternzeit“ gewährt.

In Frankreich wird mit Beginn der Erziehungszeit der bestehende Arbeitsvertrag aufgelöst, jedoch bleibt das Recht auf Wiedereinstellung mit Ablauf der Elternzeit bestehen.

Geburtsprämie statt Elterngeld

Elterngeld wie wir es kennen, gibt es in Frankreich nicht. Denn es existiert kein Elterngeld in Form einer Entgeltersatzleistung, die sich an dem zuvor erzielten Einkommen orientiert.

Stattdessen erhalten alle schwangeren Frauen im 7. Schwangerschaftsmonat eine Geburtsprämie in Höhe von 927,71 €. Voraussetzung dafür ist, dass man sich innerhalb der ersten 14 Schwangerschaftswochen einer Schwangerschaftsuntersuchung unterzogen hat und bestimmte Einkommensobergrenzen nicht überschreitet.

Zusätzlich gibt es einen „Beitrag zur freien Wahl der Erwerbstätigkeit“. Diese Art der Familienleistung wird gewährt, wenn ein Elternteil seine Berufstätigkeit zeitweise einstellt oder von einer Vollzeitanstellung in die Teilzeit wechselt. Die Höhe und Dauer der Unterstützung ist hierbei Abhängigkeit von der Anzahl vorhandener Kinder. Voraussetzung für diese Leistung ist zudem, dass der Antragssteller mindestens zwei Jahre vor Geburt des Kindes erwerbstätig war. Aktuell werden Familien mit maximal 572 Euro monatlich unterstützt.

Die vergleichsweise niedrige finanzielle Unterstützung hat zur Folge, dass viele Frauen ihren Anspruch auf Elternzeit nicht vollständig auskosten und häufig mit Ablauf des Mutterschutzes ihre Erwerbstätigkeit wieder aufnehmen. Da in Frankreich Männer meist mehr verdienen als Frauen, ist die Anzahl an Männern, die ihr Recht auf Elternzeit geltend machen, verhältnismäßig gering.

Elternzeit und Elterngeld in Schweden

Schweden nimmt innerhalb der EU eine Spitzenposition in Hinblick auf die Familienpolitik ein. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Gleichstellung von Mutter und Vater wird bei unseren nordischen Nachbarn großgeschrieben. Da verwundert es nicht, dass mehr als 40% der Väter ihren Anspruch auf Elternzeit geltend machen.

Föräldraledighet (“Elternzeit”) in Schweden

In Schweden stehen jeder Familie insgesamt 480 Tage, also 16 Monate, Elternzeit zu. Von den 480 Tagen sind mindestens 60 Tage vom Vater und weitere 60 von der Mutter zu nehmen.

Die Idee hinter dieser Regelung ist, dass der Mutter schon früh die Möglichkeit eingeräumt wird, wieder am Berufsleben teilzunehmen, ohne jedoch die Betreuung ihres Babys in fremde Hände legen zu müssen.

Wenn man in Deutschland also ab und an einen Papa mit Baby auf dem Spielplatz oder in der Krabbelgruppe sieht, so ist dies in Schweden, wie auch in anderen Teilen Skandinavien Gang und Gebe. Denn viele Väter nutzen ihren Anspruch auf Elternzeit. So ist es für schwedische Frauen beinahe der Normalfall, nach spätestens 12 Monaten wieder arbeiten zu gehen, wären der Ehemann zuhause das Baby bzw. Kleinkind hütet.

Nach den 16 Monaten Elternzeit, haben die Eltern bis zum achten Lebensjahr des Kindes einen Anspruch auf Teilzeiterwerbstätigkeit. Die Option einer Rückkehr in die Berufswelt auf Teilzeitbasis in Verbindung mit dem gut ausgebauten Kinderbetreuungsangebot, schafft gute Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Schweden.

Föräldrapenning („Elterngeld“) in Schweden

Während der 480 Tage Elternzeit steht dem Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit zeitweise niederlegt, Elterngeld zu. In den ersten 390 Tagen entspricht diese finanzielle Ersatzleistung 80% des bisherigen Bruttolohns, für die restlichen 90 Tage zahlt die „Elternschaftsversichrung“ eine einkommensunabhängige Pauschale von ca. 600 Euro im Monat.

Da als Basis für die Bereichung des Elterngeldanspruches das Bruttoeinkommen zu Grunde gelegt wird und die Tageshöchstsätze wesentlich höher als in Deutschland liegen, ist für den Erhalt des bisherigen Lebensstandards gesorgt und junge Eltern können sich mit einem guten Gefühl auf die wohl verdiente Babypause freuen.

Nur ein Ausschnitt aus komplexen Systemen der Familienförderung in Europa

Damit soll es zunächst genug sein, mit unserem Ausflug in die Familienförderung unserer Nachbarländer. Diese Länder habe ich übrigens für meine Recherche ausgewählt, da wir gute Freunde in Frankreich und Schweden haben, die selbst Eltern sind und uns immer mal wieder erzählen, welchen Stellenwert Familie und Beruf in ihren Heimatländern einnimmt. Und manchmal ist es doch einfach schön, über den Tellerrand zu schauen und unsere Gesellschaftsmodelle aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Nun noch eine wichtige Anmerkung zum Schluss. Sämtliche Informationen in diesem und dem vorangegangen Artikel wurden gut recherchiert, erheben jedoch weder einen Anspruch auf Vollständigkeit noch auf Richtigkeit. Es handelt sich lediglich um eine stark vereinfachte und verkürzte Version der Elternförderprogramme in besagten Ländern, denn in der Praxis gibt es zahlreiche Varianten und Abweichungen, die jedoch den Rahmen von zwei Blogartikeln sprengen würden.

Ihr habt selbst Erfahrungen rund um das Thema Elternzeit und Elterngeld in unseren Nachbarländern gesammelt? Dann lasst uns doch daran teilhaben. Wir sind gespannt!

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