Elternzeit und Elterngeld, ein Privileg in Deutschland? Wie unterstützten unsere Nachbarländer eigentlich junge Familien und inwieweit lässt sich anderswo Baby und Beruf vereinbaren? Wir haben uns informiert und wollen uns zunächst Österreich und die Schweiz genauer ansehen.
Elternzeit: ein Geschenk für junge Eltern
Es gibt nichts Kostbareres als Zeit. Insbesondere für frischgebackene Eltern spielt das Thema Zeit eine große Rolle, denn Mama und Papa wollen am liebsten jede Sekunde mit ihrem Baby genießen und sich an dem neuen Leben erfreuen. Und genau dafür gibt es die Elternzeit, zumindest in Deutschland.
Elternzeit und Elterngeld in Deutschland
Nach der Geburt ihres Kindes, haben in Deutschland beide Elternteile das Recht, bei ihrem Arbeitnehmer Elternzeit zu beantragen. Da es dafür rechtliche Grundlagen gibt, kann kein Arbeitsvertrag die Option einer Elternzeit, in der das Arbeitsverhältnis ruht, ausschließen.
Wichtig zu wissen ist auch, dass Müttern und Vätern gleichermaßen dieses Recht eingeräumt wird. Und das Schöne daran, Mutter und Vater können sogar zur gleichen Zeit eine berufliche Auszeit nehmen, um sich ausschließlich um das Neugeborene zu kümmern.
Grundsätzlich bietet der Staat jungen Eltern die Möglichkeit, Elternzeit bis zu Vollendung des 3. Lebensjahres zu nehmen. Wollen die Eltern diesen Zeitraum zunächst nicht voll ausschöpfen, können bis zu 12 Monate „aufgespart“ werden. Mit Zustimmung des Arbeitsgebers dürfen diese 12 Monate zu einem beliebigen Zeitpunkt bis zum 8. Lebensjahr des Kindes eingereicht werden.
In größeren Betrieben ist es sogar möglich, während der Elternzeit 15-30 Stunden in der Woche zu arbeiten. Dabei handelt es sich um ein KANN aber kein MUSS.
Elterngeld: Zeit fürs Baby ohne finanzielle Sorgen
Auf Elterngeld haben alle Eltern Anspruch, die die Betreuung und Erziehung ihres Neugeborenen selbst in die Hand nehmen und keine externen Institutionen damit beauftragen.
Beim Elterngeld handelt es sich um einen Einkommensersatz, der die Grundsicherung der Familie während dieser beruflichen Auszeit gewährleisten soll. Die Familienleistung beläuft sich auf 67 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens, max. jedoch 1800 Euro im Monat. In manchen Fällen verringert sich der Anspruch auf 65 Prozent und für Familien, die die sog. „Reichensteuer“ an den Staat abführen müssen, entfällt das Elterngeld komplett.
Auch an all jene Eltern, die vor der Geburt ihres Kindes nicht erwerbstätig waren, hat der Staat gedacht. Hier beläuft sich das Elterngeld auf pauschal 300 Euro im Monat.
Die Dauer des Elterngeldbezugs beträgt im Normalfall 12 Monate und kann unter bestimmten Voraussetzungen um max. 2 Monate verlängert werden.
Bei Kindern, die ab dem 1. Juli 2015 auf die Welt kommen, greift das neue „Elterngeld Plus“, auf das hier jedoch nicht weiter eingegangen werden soll. Umfangreiche Informationen zum Elterngeld Plus findet ihr hier: http://www.elterngeld-plus.de/.
Elternkarenz in Österreich
Auch wenn sich die Begrifflichkeiten in Österreich von denen in Deutschland unterscheiden, ist der Grundgedanke einer Elternzeit („Elternkarenz“) derselbe. Denn Karenz meint nichts anderes als einen Zeitraum ohne Entgeltfortzahlung. In der Zeit nach der Geburt wird beiden Elternteilen die Freiheit eingeräumt, ihr Arbeitsverhältnis ruhen zu lassen, um sich ganz ihrem Baby zu widmen.
Rechtliche Grundlage dafür bildet für Mütter das Mutterschutzgesetz und für Väter das Väterkarenzgesetz.
In den ersten beiden Jahren nach der Geburt greift die Vollkarenz, sprich, hier darf die Mutter bzw. der Vater zu Hause bleiben ohne Angst haben zu müssen, den bisherigen Job zu verlieren. Interessant ist, dass der Staat die Möglichkeit eines zweimaligen Wechsels zwischen Vater und Mutter erlaubt. So kann die Mutter entscheiden, die ersten 3 Monate Zuhause zu bleiben, im 4. Monat dann löst der Vater die Mutter ab, um selbst 3 Monate die Zeit mit seinem Baby genießen zu können. Ein erneuter Wechsel ist hier möglich. Einzige Bedingung ist, dass die Karenzphase sowohl der Mutter als auch des Vaters jeweils mindestens 2 Monate betragen muss. Und wollen beide gleichzeitig eine Auszeit nehmen, gewährt der Staat hierfür genau einen Monat.
Wie in Deutschland können ein paar Monate für einen späteren Zeitpunkt aufgespart werden. Allerdings dürfen dies max. drei Monate bis zur Beendigung des 7. Lebensjahres sein.
Kinderbetreuungsgeld in Österreich
Das österreichische Kinderbetreuungsgeld („Elterngeld“) entspricht vom Grundsatz her dem deutschen Elterngeld. Wie in Deutschland ist auch hier nur ein Elternteil bezugsberechtigt.
In Österreich können die Eltern bis zu drei Jahre Kinderbetreuungsgeld beziehen. Hierbei steht es jeder Familie frei, zwischen verschiedenen Modellen die für sie günstigste Variante zu wählen.
Als ersten Schritt entscheiden sich die Eltern entweder für das Pauschalsystem oder für das Einkommensersatzsystem. Beim Pauschalsystem gibt es, wie der Begriff schon sagt, eine monatliche Pauschale, die einkommensunabhängig ausbezahlt werden. Beim Einkommensersatzsystem erhält der Antragssteller (Vater oder Mutter) 80% des letzten Nettoeinkommens, mindestens 1000 Euro, maximal 2000 Euro im Monat.
Entscheiden sich die Eltern für das Pauschalsystem, erhalten sie zwischen 436 Euro und 1000 Euro monatlich, je nach Leistungszeitraum. 436 Euro wandern auf das Bankkonto, wenn man es bevorzugt 36 Monate Unterstützung zu erhalten, 624 Euro bei 24 Monaten und 800 Euro bei 18 Monaten und 1000 Euro bei 12 Monaten. In letzterem Fall also, endet der Leistungszeitraum bereits nach 12 Monaten, dafür ist der monatliche Pauschalbetrag umso höher, also wenn man sich dafür entscheidet, die staatliche Unterstützung über einen längeren Zeitraum in Anspruch zu nehmen.
Eine sehr schöne Alternative zum deutschen Elterngeld, das nicht nur niedriger ist, sondern auch weniger Flexibilität bietet.
Mutterschaftsurlaub in der Schweiz
Wie der Begriff „Mutterschaftsurlaub“ schon verrät, bleiben die Väter in der schweizerischen Familienpolitik außen vor. Zwar gibt es Initiativen, die sich für die Einführung von Elternzeit und Elterngeld stark machen, doch bleibt das Recht der Kinderbetreuung nach der Geburt bisher der Mutter vorbehalten.
Mütter schützt die Schweiz ganz besonders während der Schwangerschaft und nach der Geburt. So existieren strenge gesetzliche Bestimmungen, die genau regeln, wie viele Stunden eine schwangere Frau täglich arbeiten darf, welche Tätigkeiten ihr und dem Ungeborenen zugemutet werden dürfen und welche Voraussetzungen das Arbeitsambiente bieten muss, um einen bestmöglichen Schutz zu gewährleisten.
Bezahlter Mutterschaftsurlaub
Jede Mutter hat in der Schweiz ein Anrecht auf 14 Wochen bezahlen Mutterschaftsurlaub. In diesem Zeitraum wird der Bruttolohn bis zu 80% fortbezahlt und dies bis zu einer Höchstgrenze von CHF 196,00 pro Tag.
Diese Entgeltersatzleistung wird allerdings nur gewährt, wenn die junge Mutter mindestens 5 Monate während der Schwangerschaft berufstätig war.
Bestand vor der Entbindung eine Arbeitslosigkeit, so wird das Arbeitslosengeld während des Mutterschaftsurlaubs fortbezahlt.
Einen interessanten Erfahrungsbericht aus deutscher und schweizerischer Sicht findet ihr in dem schönen Blog Mama on the rocks der Schweizerin Séverine.
Im nächsten Artikel wollen wir uns mitunter Frankreich und Schweden genauer ansehen.