Mit Hebamme Ann-Katrin Gnutzmann geht es heute in den schönen Norden, nach Schleswig Holstein. Hattet oder habt ihr auch mit Rückenschmerzen in der Schwangerschaft zu tun? Dann lest, was Ann-Katrin dazu sagt.

Hebamme in Elternzeit | Betreuung über Online-Kurse und Ebooks

Wie Hebamme Jenny und Hebamme Katharina zählt auch Ann-Katrin Gnutzmann zu jenen Geburtsbegleiterinnen, die Wege gefunden haben, werdende Mamas und ihre Babys auch während der eigenen Elternzeit zu betreuen. Die zweifache Mutter aus Kiel hat ein Ebook für ein gezieltes Bauchmuskeltraining während und nach der Schwangerschaft entwickelt und bietet Online Geburtsvorbereitungskurse an.

Das letzte Schwangerschaftsdrittel ist nicht immer ganz einfach. Mit wachsendem Babybauch werden die Bewegungen beschwerlicher, Senk- und Vorwehen kommen hinzu und der Nestbautrieb lässt die eigenen vier Wände oftmals zum liebsten Aufenthaltsort werden.

Für Schwangere, die sich die Fahrt zum Geburtsvorbereitungskurs sparen möchten oder aber solche, die in der Nähe keinen passenden Kurs gefunden haben, ist ein Online-Kurs möglicherweise genau das richtige. In aller Ruhe können sich die werdenden Eltern mithilfe der eigens von Ann-Katrin entwickelten Video-Einheiten auf die Geburt ihres Babys vorbereiten. Fragen beantwortet die erfahrene Hebamme einmal die Woche via Live-Videochat und die empfohlenen Trainingseinheiten können bequem im gemütlichen Wohnzimmer durchgeführt werden.

Vorteil der Videos: ihr könnt sie euch beliebig oft ansehen, denn sicherlich hatte nicht nur ich damit zu tun, was der Volksmund als Schwangerschaftsdemenz bezeichnet 🙂

Eine werdende Mama ruft dich an und klagt über Rückenschmerzen. Was rätst du ihr, was kann sie während der Schwangerschaft für ihren Rücken tun?

Rückenschmerzen sind oft die Folge von Haltungsproblemen und einer für den wachsenden Bauch zu schwachen Muskulatur. Als Soforthilfe ist Aku-Taping/ Kinesio-Taping Gold wert, doch auch mit Massagen lassen sich Beschwerden hier gut abmildern.

Für eine langfristige Besserung sollte die Schwangere jedoch unbedingt einige stärkende Übungen täglich ausführen. Diese betreffen nicht nur die Rückenmuskulatur, sondern vor allem auch die quere Bauchmuskulatur sowie den Beckenboden. Die ganze Core-Muskulatur sollte also gestärkt werden, um das Gewicht des immer größer werdenden Bauches gut halten und ausgleichen zu können. Diese Übungen lässt man sich am besten von einem Experten zeigen. Einige Übungen habe ich auch in meinem eBook (Gesundes Bauchmuskeltraining) erklärt.

Außerdem ist es in dem Zusammenhang auch wichtig, die Körperhaltung im Alltag zu korrigieren. Wie bückt sich die Schwangere, wie trägt sie den Wäschekorb oder eventuelle größere Kinder und in welcher Haltung saugt sie Staub oder räumt den Geschirrspüler aus?

Der Alltag steckt voller Situationen, in denen wir unsere Haltung und damit unsere (Rücken-)Gesundheit vollkommen außer Acht lassen. In der Schwangerschaft bekommen wir die Folgen dessen viel eher zu spüren, sowohl durch das zusätzliche Gewicht des Bauches als auch durch die veränderte hormonelle Situation.

Was hat dich eigentlich dazu bewegt, dich zur Hebamme ausbilden zu lassen?

Ich gehöre nicht zu der Kategorie Hebamme, die schon immer wusste, dass sie Hebamme werden wollte. Ganz im Gegenteil war ich mir bezüglich meiner Berufswünsche sehr lange unsicher und hatte lange Zeit mit dem Gedanken gespielt, mich im Immobiliensektor etablieren zu wollen.

Die Medizin hat mich grundsätzlich schon fasziniert, doch hatte ich keinen näheren Bezug hierzu.

Über die Freundin meiner jetzigen Schwiegermutter, die Hebamme ist und das damalige Geburtshaus in Kiel mitgegründet hat, bekam ich dann die großartige Gelegenheit, mittels eines Praktikums in diesen Beruf hineinzuschnuppern. Bis dato konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, was eine Hebamme eigentlich für umfangreiche Aufgaben und für ein medizinisches Wissen hat.

Hebammen haben reichlich medizinisches Fachwissen und arbeiten trotzdem in der Regel mit gesunden Menschen in einer ganz besonderen Lebensphase zusammen. Das ist einzigartig, denn nahezu alle anderen medizinischen Berufe arbeiten mit erkrankten Menschen (natürlich kann es auch sehr erfüllend sein, Menschen auf diesem Lebensweg helfen zu können, doch mir geht es persönlich sehr nahe, den ganzen Tag mit erkrankten Menschen zu arbeiten).

Mich fasziniert nach wie vor, was für ein Wunder der weibliche Körper ist und was für eine Schöpferkraft dahinter steht. Aus 2 mikroskopisch kleinen Zellen wächst in so kurzer Zeit ein so vollständiges Wesen heran. Und nicht nur das, der Körper der Mutter wird zusätzlich mit reichlichen Hormonen so ausgestattet, dass das kleine neue Lebewesen auch nach der Geburt in all seinen Bedürfnissen befriedigt werden kann.

Zu tiefst beeindruckt nahm mein Berufsweg dann seinen Lauf. Ich absolvierte diverse Praktika, denn einen Ausbildungsplatz als Hebamme zu bekommen, war zu der Zeit fast unmöglich. An einigen Hebammenschulen gab es ca. 2000 Bewerbungen auf 15 Ausbildungsplätze. Und ohne entsprechende Praktikumsnachweise hatte man dann selbstverständlich überhaupt keine Chancen.

Wie durch ein kleines Wunder bekam ich letztlich sogar einen Ausbildungsplatz in meiner Heimatstadt Kiel, und dies nachdem ich für Bewerbungsgespräche sogar bis nach Karlsruhe gefahren bin.

Was würdest du sagen, welche besonderen Fähigkeiten bringen Hebammen abseits vom medizinischen Wissen mit?

Ich denke, Hebammen sind sehr empathische Frauen, die gut zu hören und auch motivieren können. Sie bringen das feste Vertrauen in „Mutter Natur“ und in die Urkraft des weiblichen Körpers mit, das sie mit einer großen Selbstsicherheit und Entschlossenheit nach außen hin vertreten können.

Magst du uns von einem Erlebnis aus deiner Arbeit als Hebamme erzählen, das dich besonders bewegt hat?

Bewegende Momente erlebt man in diesem überaus besonderen Beruf unglaublich viele und zwar auf die unterschiedlichste Weise. Jede stille Geburt, die ich begleiten durfte, ging mir persönlich immer sehr nah.

Eine für mich persönlich sehr bewegende Situation war die Betreuung einer Frau, die in den hierarchischen Strukturen einer Klinik und dem Klassendenken der Gesellschaft als „sozial schwach“ kategorisiert wurde. Das widerspricht meiner grundsätzlichen Denkweise. Jeder Mensch hat das Recht individuell in seinem Dasein akzeptiert zu werden. Unabhängig von Herkunft, Beruf oder finanziellem Background. Und genau so habe ich auch diese Frau begleitet.

Sie hatte bereits Kinder spontan geboren, doch hatte sie bei dieser Geburt Probleme, mit den Wehen umzugehen. Die Ärzte drängten aus mangelnder Kooperationsbereitschaft zu einem Kaiserschnitt. Für mich stellte dies in keiner Weise eine Indikation dar.

Ich kam in einen vertrauensvollen und engen Austausch mit der Frau, denn ich bin auf sie eingegangen und habe sie in ihren Bedürfnissen ernstgenommen. Letztlich bekam sie ihr Baby auf natürlichem Weg und war mir nach der Geburt sehr dankbar dafür. Das bewegt mich besonders, da dies für mich die missliche Situation der Krankenhausroutine und des Klassendenkens widerspiegelt.

Natürlich freue ich mich darüber, wenn Familien sich dankbar zeigen. Doch sollte es nicht notwendig sein müssen, dankbar dafür zu sein, spontan entbinden zu DÜRFEN. Die Dankbarkeit sollte sich meiner Meinung nach an den eigenen Körper richten, dass dieser und das Kind FÄHIG sind zu gebären.

Was müsste passieren, damit sich wieder mehr Frauen für eine Hebammen-Ausbildung entscheiden?

Zum einen muss es den Hebammen ermöglicht werden, diesen Beruf auszuüben, um damit ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Die Kliniken, insofern die Hebammen dort überhaupt angestellt arbeiten können, zahlen einen niedrigen Lohn, der der Verantwortung, die dem gegenüber steht, und auch den Arbeitszeiten (Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit sowie Rufbereitschaften) in keinem Maße gerecht wird. Dies ist kein Vorwurf den Kliniken gegenüber, denn diese bekommen für eine Geburt auch nur ungerechtfertigt niedrige Bezahlungen von den Krankenkassen, sodass der Kreißsaal als eine Untereinheit der Klinik oftmals keine schwarzen Zahlen schreibt und sich somit nicht einmal selbst finanziert.

Arbeitet eine Hebamme geburtshilflich freiberuflich, so stehen Haftpflichtprämien von jährlich mehreren Tausend Euro ins Haus (wir nähern uns nach und nach dem 5-stelligen Bereich weiter an). Bis allein diese Haftpflichtversicherung bezahlt werden kann, muss die Hebamme viele Geburten betreuen. Und dann gibt es ja auch noch die Krankenversicherungen etc., die bezahlt werden müssen, bevor die Hebamme überhaupt einen Gewinn für ihren Lebensunterhalt erwirtschaften kann. Ohne Frage arbeitet jede Hebamme mit viel Leidenschaft und Herzblut und sieht ihren Beruf meist als Berufung an, jedoch steht hinter der Hebamme oft auch eine Familie, die versorgt werden möchte.

Zum anderen ist es meiner Meinung nach ein extremer Missstand, dass man als Geburtsbegleiter rechtlich auf der sicheren Seite steht, wenn man einen Kaiserschnitt durchführt. Bei einer Spontangeburt bewegt man sich rechtlich immer auf sehr dünnem Eis, sollte doch mal etwas passieren im Verlauf einer Geburt. Die Geburtshilfe gestaltet sich viel zu individuell und unvorhersehbar, als das man nach Schema F immer „korrekt“ handeln kann.

Das Vertrauen in das Gefühl der Gebärenden, was für sie und ihr Baby in dem jeweiligen Moment gerade das Beste ist, wird schon mit Beginn der Schwangerschaft erfolgreich durch zahlreiche Untersuchungen unterdrückt. Bitte nicht falsch verstehen, ich bin auch sehr dankbar für den medizinischen Fortschritt, doch bin ich persönlich der Meinung, dass damit viel achtsamer umgegangen werden sollte und die (werdenden) Familien in ihrem Vertrauen und der Wahrnehmung ihres Körpergefühls viel mehr gestärkt werden sollten.

Und dieses juristische Ungleichgewicht hält wahrscheinlich auch viele Frauen davon ab, sich zur Hebamme ausbilden zu lassen. Während der Arbeit im Kreißsaal hatte ich, überspitzt ausgedrückt, ständig das Gefühl, dass man eigentlich mit einem Bein schon im Gefängnis steht. Denn die Handlungen alleine, die man tätigt, sind ja nicht das Ausschlaggebende. Sondern die Dokumentation dessen, also das Aufschreiben des gesamten Verlaufs in einer Formulierung, die nicht missgedeutet werden kann.

Oft begleitet eine Hebamme aber nicht nur eine Frau, sondern zwei oder drei oder vielleicht noch mehr gleichzeitig. Eventuell wird auch gerade eine Familie auf die Wochenbettstation verlegt, während eine weitere zur Kreißsaaltür hereinkommt. Das ist Alltag im Kreißsaal, doch sich bei dem derzeitigen schlechten Personalschlüssel nach jeder Geburt hinzusetzen, um extrem lange Geburtsberichte zu verfassen und sämtliche andere organisatorische Dinge im PC zu erledigen, steigert die Unzufriedenheit bei Hebammen enorm.

Also, um die Antwort zu deiner Frage, liebe Martina, auf den Punkt zu bringen. Ich denke es erfordert als ersten Schritt eine bessere Bezahlung der angestellten Hebammen, eine Lösung der Haftpflichtversicherungsproblematik der freiberuflichen Hebammen, sowie eine Entlastung durch einen verbesserten Personalschlüssel und/oder die Unterstützung der Hebammen durch Schreib- und Reinigungskräfte. So könnte die Zufriedenheit der Hebammen wieder gesteigert werden und folglich haben mehr Frauen wieder Interesse, diesen Beruf zu erlernen und auszuführen.

Doch langfristig benötigt es dringend ein Umdenken und eine Umstrukturierung. Nicht für die Zufriedenheit der Hebammen, sondern für die Zufriedenheit der Familien!

Beckenbodentraining im Alltag

Lernt Hebamme Ann-Katrin persönlich kennen. In diesem schönen Video zeigt sie euch, wie ihr beim Aufstehen und Hinsetzen euren Beckenboden trainiert.

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